Man nehme...

von Manfred Hirt

Kürzlich stieß ich auf einen Artikel in einem Fotolehrbuch für Anfänger aus dem Jahr 1967.
In diesem Artikel wurde nach dem Rezept für gute Bilder gefragt.
Ein Vergleich wurde angestellt mit einer Hausfrau die einen knusprigen Braten zubereiten will. Auf die Frage wie sie hierbei vorgeht, begann sie zu antworten mit... „Man nehme..." und sprudelte das Rezept herunter.
Danach wurde gefragt, ob es ebenso „einfach" sei, zu beschreiben wie man zu guten Fotografien gelangt.

Ein Fotograf der versuchte, ebenso routiniert zu antworten mit . . . „Man nehme . . ." würde sich alsbald verstricken in die verschiedensten Möglichkeiten, was ein gutes Bild ausmacht.

Die Werbung versucht uns zu suggerieren, allein der Kauf einer teuren Kamera könnte zu guten Bildern führen. Wir wissen, dass dem nicht so ist.

Auch das knackigste Motiv oder das beste Licht wird allein noch kein gutes Bild ergeben, wenn nicht etwas Entscheidendes hinzukommt.

Der Fotograf selbst... und sein individuelles Geschick.

Er muss es verstehen, in der Situation durch gekonnte Bedienung der zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten die natürlichen Gesetzmäßigkeiten so für seinen Zweck auszunutzen, dass ein entsprechendes Ergebnis erzielt wird. Ein allgemeingültiges Rezept gibt es hier nicht.

Zu Allererst aber muss er ein Motiv sehen und sich vorstellen können, ob es ein Bild werden kann. Sehen ist jedoch Stimmungsabhängig, wesentlich beeinflusst von unserer emotionalen Verfassung.

Motive gibt es in der Stadt, inmitten von Menschenmassen oder Häuserschluchten, im Wald, am Meer, in der Wüste... einfach überall.
Aber man muss sie sehen, sich die Zeit nehmen können, sie zu sehen. Oft muss man sie auch suchen. Das geht in den seltensten Fällen nur so nebenbei und im Vorbeigehen. Leicht bleibt ein tolles Motiv unbeachtet wenn die „Antennen" nicht auf Empfang stehen.

Ein allgemeingültiges Rezept für gute Bilder gibt es leider nicht. Umso erfreulicher ist es, wenn ein solches gelingt.

Ich würde auf diese Frage antworten;

man nehme . . . seine Aufmerksamkeit.

 

Manfred Hirt