MIT FOTOGRAFEN DURCHS JAHR: JULI

Aug’ in Aug’ mit dem Hai

KREIS ESSLINGEN: Günther Pillkann von den Fotofreunden Altbach liebt Action, Unterwasseraufnahmen und Dia-Shows mit Geschichten

Von Regina Schultze

„Ich bin offen für alles, ich suche immer das Neue“, sagt Günther Pillkann über sein Hobby, die Fotografie. Feste Termine sind bei dem Mitglied der Fotofreunde Altbach aber die Fasnetsumzüge und der Christopher-Street-Day. „Die sind saumäßig gut drauf“, sagt er über die geschminkten und verkleideten Teilnehmer der Schwulen- und Lesbenparade. Zwei, drei Stunden vor Umzugsbeginn ist er dann mit der Kamera unterwegs, das nächste Mal am 19. August in Stuttgart. „Ich frage jeden, ob ich ihn aufnehmen darf.“ Der Augenkontakt ist ihm wichtig. „Ich brauche die Aussage im Gesicht.“ Die Aufnahme „Stachelige Harmonie“ mit zwei gepiercten Gothic- Vertreterinnen mit Schweißerbrille, zwei verschiedenfarbigen Kontaktlinsen und phantasievollen Frisuren brachte zunächst einen Preis beim Foto-Wettbewerb der EZ und danach einen bei der bundesweiten Endrunde der „Blende“. Landschaften nimmt der 52-Jährige zwar auch ab und zu vor die Linse. „Aber mir sind Sachen, die davonlaufen, lieber“, sagt er grinsend. An diesem Abend hat Pillkann Fototasche und Stativ am Denkendorfer Naturschutzgebiet Erlachsee ausgepackt. „Ich finde es interessant, dass es so eine kleine Idylle direkt an der Autobahn gibt“, sagt er über den 850 Jahre alten See.

 Erlachsee

 

Bäuchlings am Wegesrand

Den Verkehr kann man hören, die Enten stört’s nicht. Sie scheinen auch Menschen gewöhnt zu sein. Als Pillkann und EZ-Fotograf Roberto Bulgrin im Kampf um die richtige Perspektive am Wegesrand liegen, paddeln sie näher, um das Treiben zu begutachten. Die Enten und die umherschwirrenden Libellen nimmt Pillkann aber nicht ins Visier. Er hat einen Hasen entdeckt. Diesmal keinen lebenden, sondern einen, der nicht wegläuft: Ein Teil eines Baumstumpfes hat ein Loch als Auge und eine Spitze, die wie ein Ohr aussieht. „Ich war schon zwei Mal da und hab’ ihn nicht gesehen“, freut sich Pillkann über die Entdeckung. Denn bei seinen Spaziergängen sucht er immer nach Gesichtern bei Bäumen und nach geformten Wurzeln. „Man kann nicht nur hinlaufen und knipsen.“ Vor einem guten Foto steht Arbeit.

 Hase  Günter Pillkann
 

Die Farben der Seifenblasen

Bei seiner experimentellen Fotografie ist die erheblich: Zusammen mit einem Freund („Der ist genauso verrückt wie ich“), hat es ein Dreivierteljahr gedauert, bis sie die „Interferenzen von Seifenblasen“ im Kasten hatten: „Die Farben sind nur in einem Winkel von 30 Grad sichtbar.“ Zudem hat man nach jedem Pusten nur drei, vier Sekunden Zeit zum Abdrücken, dann platzt das Objekt der Begierde. Mit Digitaltechnik wäre die Versuchsreihe schneller erfolgreich gewesen, da die Ergebnisse sofort überprüfbar sind. „So hat es immer eine Woche gedauert, bis der Film entwickelt war.“ Erst dann sahen die Enthusiasten, dass die Schärfe enttäuschend war oder die Beleuchtung einen Reflex verursacht hatte. Seit 30 Jahren fotografiert Günther Pillkann, seit zwei Jahren hat er auf Digitaltechnik umgestellt. Und zwar komplett: „Die Analog-Kameras liegen im Schrank und werden nicht mehr angerührt.“ Die Bildbearbeitung am Computer bereitet ihm keine Schwierigkeiten. Seine Kenntnisse gibt er in Photoshop-Kursen weiter. „Da ist ein großer Bedarf da.“ Die Lehrerfunktion macht ihm Spaß: Bei seiner Firma Bilz in Nellingen bildet er die Industriemechaniker- Lehrlinge aus. Seine Schützlinge in den Computerkursen vergessen ihn nicht: „Ich bin so was wie ’ne Hotline“, lacht der PC-Experte, „wenn irgendwo was klemmt, krieg ich Anrufe.“ Dann werden die Probleme telefonisch gelöst. Immer wieder gewinnt der Hobby- Fotograf bei Wettbewerben mal 100, mal 200 Euro. Das reicht bei weitem nicht, um die Leidenschaft zu finanzieren. Denn die ist teuer. Zumal es dem Esslinger auch die Unterwasserfotografie angetan hat. „Man braucht schon Geld dazu“, meint Pillkann lapidar und zählt Tauchausrüstung, Unterwasserkamera und -blitz auf, dazu die Reisen zu tropischen Korallenriffen mit den leuchtend bunten Fischen.

Ängstliche Haie

„Bei der Unterwasserfotografie gehört Glück dazu, das kann man nicht so planen. Denn die Haie schwimmen ja meistens weg, die sind ängstlich.“ So ist er stolz auf ein Foto, Aug’ in Aug’ mit einem ein Meter langen Weißspitzenhai. In den 80er Jahren war er bei Haifütterungen auf den Malediven dabei. Die gibt es mittlerweile nicht mehr. „Das war sehr problematisch“, erinnert er sich an die Kämpfe im Wasser. Und nicht mal gute Fotos kamen dabei heraus: „Da waren immer Füße, Arme oder Flossen der Taucher drauf. Heute würde ich die wegretuschieren.“ Das Wort „manipulieren“ findet das Mitglied des Waiblinger Tauchclubs für seine Bildbearbeitung zu hart. „Die Aussage kann man nicht ins Bild reinretuschieren, das muss trotzdem super fotografiert sein.“ Derzeit sitzt Pillkann mit seiner Frau Maren daran, den März-Urlaub in Australien zu einer 30-minütigen Dia-Show zusammenzupacken und eine Geschichte drumherum zu erzählen. Die kann wahr oder erfunden sein. Darum kümmert sich die Gattin. „Sie ist der kreative Teil von uns.“ Maren Pillkann fotografiert die Randgeschichte. Etwa, wenn Günther Pillkann mit dem Hubschrauberpiloten verhandelt, die Türen auszuhängen. Der Schwabe war überzeugend: „Wir sind ohne Türen geflogen, der fand das cool.“ Auch die Tochter stand schon vor der Kamera: Als Zwölfjährige war sie zusammen mit einem Frosch Heldin der Geschichte „Ein Kuss mit Folgen“, frei nach dem „Froschkönig.“ Die knapp zweiminütige Diashow bringt immer Lacher, denn nach dem Kuss entpuppt sich der Prinz in eine skurrile Figur, die Pillkann beim Christopher- Street-Day aufgenommen hatte: „Der hat Hasenzähne, rote Haare und eine Servierhaube auf.“

(Quelle: Esslinger Zeitung 28.07.2006 - Fotos: Pillkann / Bulgrin)